Rheintal-Tour EV-15

Von der Rheinquelle bis nach Konstanz (CH)

Mein Plan den Rheintal-Radweg, also den EuroVelo-15, zu fahren entstand successive. Am Ende beschränkte ich meine Tour auf den Schweizer Teil dieses Radwegs. In der Schweiz ist der EuroVelo-15 als Rhein-Route mit der Nr.2 beschildert. Er beginnt in Andermatt und endet in Basel. Ich starte meine Tour am Vierwaldstättersee und möchte sie auch dort wieder beenden.
Laut Wettervorhersage war viel Regen vorhergesagt – ich hoffte aber darauf, dass sich die Propheten irren. 
Von Flüelen, am südlichen Ende des Vierwaldstättersees, sind es ca. 40km und 1000hm bis nach Andermatt. 

Die Tour bis nach Basel zu fahren und der Rückweg durch das Jura  war wegen starkem Regen und Über-schwemmungen in meinem geplanten Zeitraum, nicht möglich. Für mich ging es deshalb auf der grünen Linie zurück zum Ausgangspunkt.

die geplante Route

Auf dem Vierwaldstättersee kreuzen einige Schiffsrouten. Man kommt mit dem Schiff fast von überall nach überall. Auch wenn man mit dem Rad unterwegs ist, ist das kein Problem.

Ich nehme eine Schiffpassage von Brunnen nach Flüelen.  Dadurch erspare ich mir  den Abschnitt auf der vielbefahrenen Axenstrasse, die am Ufer entlang verläuft.

Ab Flüelen geht es dann auf Radwegen bis nach Amsteg. Ab da fährt man auf der alten Gotthardstrasse auf der meist wenig Autoverkehr herrscht.

neben der alten Gotthardstrasse gibt es eine Bahntrasse und die Gotthardautobahn
Gurtnellen

Ich übernachte in Gurtnellen im Hotel Gotthard. Das Wetter bleibt trocken, erst am Abend beginnt es zu regnen. Das Hotel Gotthard ist ein Traditionshaus seit 1930. Die Wirtin erzählt mir am Abend vom Unwetter 1986 als das Dorf, von den Fluten der Reus, teilweise weggespült wurde. War das damals auch schon der Klimawandel ?

Göschenen
die Bahntrasse neben der Teufelsbrücke

Der Teufel wird von Einheimischen überlistet

Die Teufelsbrücke, welche bereits im 13. Jahrhundert aus Holz errichtet worden war und um 1585 durch eine Steinerne ersetzt wurde, erschliesst bis heute die Schöllenenschlucht und ermöglicht die Durchfahrt von Norden nach Süden und umgekehrt über den Gotthardpass. Die Steinbrücke wurde mittlerweile mehrmals ersetzt und erweitert. Die neueste Brücke stammt aus dem Jahre 1956.

die Teufelsbrücke

Andermatt ist sehr touristisch. Viele Gaststätten, Hotels, Souvenirläden und ein Campingplatz. Außerdem ein großer, neuer, moderner Bahnhof. Ich entschließe mich für die Etappe von hier bis zur Passhöhe Oberalppass die Bahn zu nehmen. Ich habe heute bereits 750hm in den Beinen, bis zum Pass wären es nochmal 500hm. Die Bahn braucht für die Strecke gerade mal 15min.

Die Abfahrt vom Oberalppass

Auf der Passhöhe ändert sich schlagartig das Wetter. Gerade noch Sonnenschein, zieht nun ein Gewitter auf. Laut Regenradar soll es jetzt 1h – 2h stark regnen. Hier zu warten macht also keinen Sinn. Ich habe ein Zimmer in der Mountain Lodge in Sedrun gebucht. Bis dort hin sind es 600hm steil bergab. Ich ziehe den Reisverschluß meiner Regenjacke bis zum Kinn und mache mich auf den Weg. 

Am nächsten Morgen starte ich gegen 10 Uhr. Es regnet leicht, hört aber bald wieder auf. Mein Ziel heute ist ein Campingplatz bei dem Ort Carrera. Es sind 54km, 930hm abwärts und trotz allem 420hm aufwärts.

die Ortschaften entlang der Abfahrt sind teilweise noch sehr ursprünglich
der Rhein schlängelt sich hinab Richtung Chur

Der anhaltende Regen der letzten Tage hat Erdrutsche verursacht. An einer Stelle ist der Radweg unpassierbar und deshalb gesperrt. Es bleibt nur der Umweg über die Hauptstrasse.

Campingplatz Carrera

Der Camping Carrera ist sehr übersichtlich. Es ist sicherlich immer ein wenig Zufall wen man auf dem Campingplatz als direkten Nachbarn hat. Ich hatte in dieser Nacht auf der einen Seite ein schreiendes Baby und auf der anderen Seite zwei bellende Hunde. Meine Erinnerung an diesen Platz sind daher eher negativ. Außerhalb der Ferienzeit ist dieser Campingplatz sicherlich ein Ort der Ruhe. Allerdings hört man auch die Motorräder von der Straße sehr laut 🙁

Die spektakuläre Rheinschlucht

auf dem Weg Richtung Rheinschlucht

In Versam hat man den höchsten Punkt für diesen Abschnitt erreicht. Es geht zunächst in Serpentinen rasant bergab bevor man einige km auf einer schmalen abenteuerlichen Strasse entlang der Rheinschlucht fährt mit beeindruckenden Ausblicken.

Rheinschlucht kurz vor Bonaduz
Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein

Nach Tamins am Rhein-Zusammenfluss geht es nochmal steil bergauf. Das ist dann auch die letzte nennenswerte Steigung im weiteren Verlauf meiner Tour bis Koblenz. Nach wenigen km erreiche ich Chur. Mit dem Rad in grösseren Städten zu fahren ist meist etwas stressig. Ich lasse die Stadt schnell hinter mir.  Auf abgelegenen Wegen geht es nun die nächsten km entspannt weiter.

Waldabschnitte liefern willkommenen Schatten
der Weg auf dem Rheindamm ist meist asphaltiert

Unterwegs suche ich online einen Campingplatz für die nächste Nacht. Ich entscheide mich für den Camping Mittagsspitze 8km vor Vaduz in Liechtenstein.

Camping Mittagsspitze

Mein nächstes Ziel war St. Margrethen. Hier hatte ich mich auf dem Camping Bruggerhorn angemeldet. Dass die Zeltwiese im öffentlichen Bereich dieses Strandbads liegt hatte ich da noch nicht gewußt. Ich war bereits um 16 Uhr dort und habe zunächst überlegt weiterzufahren. Das das Strandbad um 20 Uhr schließt und ich der einzige auf der Zeltwiese war, hat mich bewogen abzuwarten. So kam es dann auch. Ab 20:30 war ich allein im ganzen Bad, konnte im leeren Schwimmbecken ein paar Bahnen ziehen und hatte eine angenehm ruhige Nacht. 

auf dem Rheindamm Richtung Bodensee
Zeltwiese im Strandbad Bruggerhorn

Von St.Margrethen ist es nicht mehr weit bis an den Bodensee. Der Radweg führt etliche km entlang des Sees. Hier wird es ziemlich touristisch. Es ist überall nur sehr gemäßigter Betrieb. Wohl noch der Coronaeffekt. Auf der Suche nach einem Café für mein Frühstück meide ich die großen Lokale und finde eine kleine Bäckerei bei der ich in Ruhe und allein meinen Milchkaffee schlürfen kann.

Übernachtet habe ich auf einem 5-Sterne Campingplatz bei Eschenz. Der Camping Hüttenberg liegt auf einer kleinen Anhöhe abseits von der Hauptstrasse. Ich schiebe das Rad die letzten Meter – es ist unheimlich schwül an diesem Tag. Es gibt hier keine Zeltwiese, ich bekomme einen Stellplatz zwischen Dauercampern.

Ich habe diesmal sogar Stromanschluss, der mir aber in der Nacht fast zum Verhängnis werden sollte. Natürlich gibt es ein großes Schwimmbecken, das ich auch nutze und ein Bistro, in dem ich heute, nach 3 Tagen Fusilli mit Pesto, Spaghetti Carbonara genieße. Mit einem Glas Rotwein sitze ich noch in meinem Campingstuhl und lasse die Atmosphäre wirken. Die vielen Kinder auf dem Platz toben bis 22 Uhr, aber dann ist schlagartig Ruhe.

mystisches Blitz-Dauerfeuer

In der Nacht gegen 3 Uhr werde ich von Lichtblitzen geweckt. Gewitterblitze wie ich sie noch nie erlebt hatte. Der Himmel war minutenlang einem Blitz-Dauerfeuer ausgesetzt. Dann wurde es laut und stürmisch. Es klang als rolle eine Panzerbrigade an. Der Regen wurde stärker und wurde langsam zum Hagel. Der Wind nahm zu. Das Zelt wurde vom Sturm hin und her gerissen. Die Hagelkörner prasselten auf die Zeltwand. Mir wurde Angst und Bange. Ich habe meinen Fahrradhelm aufgesetzt in der Sorge der Hagel könnte durch das Zelt schlagen. Das Unwetter schaukelte sich immer weiter auf. Mein Zelt drohte zu bersten. Ich hatte nicht alle Zeltleinen gespannt dadurch hatte der Wind ein leichteres Spiel. Nach gefühlten Stunden ließ der Wind und der Hagel nach. Die Wiese, auf der mein Zelt stand, war überflutet. Das Wasser war überall nur mein Innenzelt war noch trocken.
Im überschwemmten Vorzelt lag mein Rucksack und das USB Ladegerät, das an der Stromsäule angeschlossen war, beides im Wasser. Es war wohl ein kleines Wunder, dass nicht die ganze Wiese unter Strom stand. Vermutlich hat eine Sicherung dies verhindert.
Unter meinem Zelt war eine kleine Mulde in der sich Wasser gesammelt hat. Ich lag somit die restliche Nacht auf einem Wasserbett. Zum Glück hat es sich nicht durch den Zeltboden gedrückt. (Hilleberg Soulo ;-). Geschlafen habe ich in dieser Nacht nicht mehr viel. Ich habe das Regenradar beobachtet und um 7:30 eine Regenpause genutzt um meine Sachen zu packen. Von Eschenz bin ich mit der SBB nach Bad Zurzach meinem nächsten geplanten Stop gefahren und dort im Hotel Zurzacherhof abgestiegen. Im Zimmerpreis war die Nutzung des Thermalbades inkludiert. Ich habe in der Sauna den Schrecken der letzten Nacht verarbeitet und später ein gutes Abendessen genossen.
Für die nächsten Tage waren weitere starke Regenschauer vorhergesagt. Das hat mich bewogen nicht wie geplant weiter nach Basel zu fahren, sondern auf dem kürzesten Weg zurück nach Rotkreuz.